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Jahreskongress der Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) in Thüringen
Als nächstes widmete sich Rechtsanwalt Heinz Flöter der Frage: „Fanatischer Glaube als Weltgefahr – Liegt die Gefahr in den Glaubensinhalten oder in der extremen Glaubensbereitschaft?“ Flöter, der sich schon seit vielen Jahren in der GfP engagiert, wies in diesem Zusammenhang nicht nur auf den seit einigen Jahren anwachsenden islamischen Extremismus hin, sondern auch auf den Einfluss des christlichen Fundamentalismus auf die Politik der USA. Dabei erteilte der Jurist religiösem Fanatismus jeglicher Couleur eine klare Absage und warb für eine Politik im Geiste der Aufklärung und des Rationalismus.
Für den nächsten Vortrag war ursprünglich der deutsch-türkische Autor Akif Pirinçci vorgesehen. Dieser hatte jedoch seine Teilnahme an dem Kongress kurzfristig wieder abgesagt. Offizielle Begründung, so der GfP-Vorsitzende Martin Pfeiffer: Zeitmangel, da er derzeit intensiv an seinem nächsten Buch „Die große Verschwulung“ arbeite. Für den umstrittenen Schriftsteller sprang kurzfristig der bekannte Literaturwissenschaftler Volker Wehdeking ein, der erst für den Sonntag angekündigt war. Der emeritierte Professor für Literaturwissenschaft und Medien an der Hochschule der Medien Stuttgart stellte, untermalt von Musikbeispielen, das Verhältnis des Komponisten Richard Strauss zum Literaten Hermann Hesse dar und ging dabei auch auf die Rolle des Schöpfers von Opern wie dem „Rosenkavalier“ zur Zeit des Nationalsozialismus ein. Nach diesem literaturwissenschaftlichen Fachvortrag trat der bekannte Publizist Harald Neubauer ans Rednerpult und brannte in gewohnter Weise ein rhetorisches Feuerwerk ab. Der frühere Europaabgeordnete sprach zum Thema „Hilfssheriff der USA? Deutschlands Rolle in der Welt“ und prangerte dabei insbesondere die flächendeckende Ausspähung deutscher Bürger durch US-Geheimdienste an. Das Post- und Fernmeldegeheimnis sei ein „zentraler Wert unserer Verfassung“, der nicht durch NSA & Co. ausgehebelt werden dürfen. Einen weiteren Schwerpunkt legte Neubauer auf den von der Bundesrepublik aus geführten Drohnenkrieg der US-Armee. Hierbei beklagte er: „Es kann doch nicht das Prinzip einer Wertegemeinschaft sein, Verdächtige einfach umzubringen.“ Das Verhältnis Deutschlands zu den Vereinigten Staaten sei kein „freundschaftliches“, sondern das eines willfährigen Vasallen.
Der zweite Tag des Kongresses wurde am Sonntagvormittag mit einem weiteren Vortrag von Professor Volker Wehdeking über die deutsche Literatur nach der Wiedervereinigung eingeläutet. Hierbei ging der profunde Kenner der Gegenwartsliteratur insbesondere auf Thomas Brussigs Erzählung „Das gibts in keinem Russenfilm“ und Uwe Tellkamps Roman „Der Turm“ ein. Mit Volker Brauns „Eigentum“ und Durs Grünbeins „Novembertage“ spannte er den Bogen auch zur Nachwendelyrik. Wehdeking untermauerte seine These, daß eine neue deutsche Identitätsfindung in der Literatur erst 15 Jahre nach dem Mauerfall begonnen habe, anhand dieser und anderer Beispiele. Seitdem sei auch kulturell ein Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands erfolgt, so Wehdeking.
Den Höhepunkt der GfP-Tagung stellte schließlich die Verleihung des Hutten-Preises an den früheren „Staatsbriefe“-Herausgeber Hans-Dietrich Sander dar. Der Geehrte blickt auf einen ebenso beeindruckenden wie wechselvollen Lebensweg zurück, der ihn zunächst vom Berliner Ensemble in Ost-Berlin, wo er als Regieassistent Bertolt Brechts tätig war, zur Redaktion der Tageszeitung „Die Welt“ unter Hans Zehrer führte. Später machte sich der „nationale Dissident“, der bei Julius Schoeps über „Marxistische Ideologie und allgemeine Kunsttheorie“ promovierte und mit seiner „Geschichte der Schönen Literatur in der DDR“ ein Standardwerk zur deutschen Literaturgeschichte schuf, einen Namen als bedeutender Kopf der rechtsintellektuellen Szene in der Bundesrepublik Deutschland. Die Laudatio auf den 87jährigen Preisträger hielt der frühere sächsische Landtagsabgeordnete Arne Schimmer. Der Diplom-Ökonom wurde nachhaltig vom Denken Sanders geprägt, veröffentlichte mehrere Aufsätze in dessen „Staatsbriefen“ und gilt dem rechten Publizisten, der in seinen Schriften stets für die Wiederbelebung der ghibellinischen Reichsidee eintrat, als besonders verbunden. Schimmer würdigte Sander als unkorrumpierbaren Geist und einen „der ganz wenigen eigenständigen Köpfe“ im „Ozean des Sekundären“. „Die ‚Staatsbriefe‘ wollten gerade ihren jungen Lesern freies Denken vermitteln – und waren damit das glatte Gegenstück zu einer fachidiotisierenden, ganz auf die Bedürfnisse der Ökonomie zurechtgeschnittenen Ausbildung, deren einziger Zweck sich auf die möglichst umfassende Verwertung von Arbeitskraft verengt. Der Satz, daß die Erkenntnis an den Rändern wächst, war deshalb vielleicht noch nie so aktuell wie heute, in einer Zeit, in der schon Schüler in Seminararbeiten und Referaten bemüht sind, möglichst jeden möglichen Einwand zu berücksichtigen und vorwegzunehmen, und der Mut zur eigenen These und damit zur Originalität ausgestorben zu sein scheint“, so Schimmer. Dieser Text wurde mit freundlicher Genehmigung der Netzseite www.derfflinger.de veröffentlicht. |
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